Übergrößen – Das Leid des langen Läufers

Ich bin 193 cm groß. Damit liege ich auch heute noch am rechten Rand der Gauß’schen Normalverteilung, denn nur 6,3% (6 von 100 oder 1er von 16) der Männer in Deutschland sind größer als 190 cm (Wikipedia: Körpergröße, Die Welt: Deutschland wächst – um 15 Zentimeter ). In meiner Sportlerkarriere habe ich allerdings einige große Sportskameraden in meiner Größenkategorie kennengelernt. Allen gemeinsam war, dass sie wegen ihrer Übergrößen kaum Kleider zur Ausübung ihrer Sportart bekommen haben. Und so geht es mir auch heute noch. Egal was ich gut finde, ich muss es zwingend im Laden anprobieren. Der Nachteil des stationären Handels: Ich bekomme entweder nicht die Hersteller meiner Wahl oder jemand anderes im Einzugsgebiet mit meinen Maßen hat bereits das einzige Teil des Lagerbestandes gekauft, denn kaum ein Sportgeschäft legt sich angesichts der 6,3% mehr als nur ein Teil in meiner Größe einer Kollektion in die Ausstellungsfläche oder ins Lager.

Warum also nicht online bestellen? Onlinebestellungen sind so gut wie nicht möglich, denn ich müsste immer von verschiedenen Herstellern in mindestens zwei Größen bestellen. Dazu muss man die Sachen erst einmal bezahlen und hinterher zurückschicken. Also bestelle ich manchmal auf Verdacht. Wo ich glaube, dass es passt, schlage ich zu. Manchmal auch mit Erfolg.

Schuhgrößen, Kleidergrößen, Übergrößen

Wer 193 cm groß ist, hat in der Regel auch große Füße. Das trifft leider auch auf mich zu. Mit Schuhgröße 48 nach deutschen Maßstäben, habe ich Füße die in Deutschland höchstwahrscheinlich – leider bin ich dazu nicht fündig geworden – auch am rechten Rand der Gaußkurve liegen. Mit den Schuhen und Socken ist es aber noch schlimmer als mit Hosen, Shirts und Jacken. Erstens fehlt wie gewohnt die Vielfalt, zweitens ist an Schuhen in Übergrößen kaum etwas zu bekommen. Anprobe im Laden, unmöglich. Es gibt oft nur ein Restpaar oder man bietet mir an, den gewünschten Schuh zu bestellen. Das mit dem Bestellen ist aber leider so eine Sache. Die meisten Geschäfte bieten zwar die Bestellung beim Großhändler oder Hersteller an, hätten aber im Gegenzug gerne, das man eine Anzahlung leistet und den Schuh dann auch nimmt. Passt der Schuh dann nicht, hat man den Treter an der Backe und ist mit dem falschen Schuh noch frustrierter als ohne Schuh.

Erschwert wird die ganze Problematik durch unterschiedlich fertigende Hersteller. Da ist dann im L, XL, XXL und XXXL Wirrwar keinerlei Durchblick mehr für den Konsumenten. Im Übrigen besitze ich durch die Bank weg Teile von mehreren Herstellern über all die oben genannten Größen. Und es ist kein extraenges oder sackähnliches Teil dabei. Die Kleider passen alle gleich gut. Bei Schuhen habe ich mittlerweile herausgefunden, wie groß oder klein die Hersteller arbeiten. Schuhe, die ich mir vor 15 Jahren in Größe US13/EU47 kaufte und die auch passten und dies auch heute noch tun, würde ich vom selben Hersteller heute nicht mehr passend bekommen. Mittlerweile steht in den Etiketten US13/EU48 und der produzierte Schuh ist insgesamt eine Größe kleiner. Dabei gibt es bei Wikipedia eine wunderbare Größentabelle, die die verschiedenen länderüblichen Größen mit Milimeterangaben gegenüberstellt. Aber leider ist der Artikel dort auch als überarbeitungswürdig eingestuft, da der Text zur Tabelle Inkonsistenzen aufweist 🙂

Hier die Hersteller nach von mir anprobierten Schuhen im Vergleich:

  • Inov8 UK13/US14/EU48
    • passt bestens
  • Meindl UK12/US13/EU47
    • passt  bestens
  • Asics US13/EU48
    • eine Nummer zu klein
  • Salomon US13/EU48
    • mehr als eine Nummer zu klein
  • Salewa US13/EU48
    • mehr als eine Nummer zu klein

Vor einigen Monaten, machte ich mich in WWW also auf die Suche nach Beiträgen von Personen, die ähnliche Probleme haben. Leider ohne Erfolg. Verwiesen wird darauf, dass die Hersteller genug große Schuhe und Kleider produzieren und in der Regel für jeden etwas dabei sei. Frustrierende Ausbeute. Ich habe dann also verschiedene Web-Shops ausprobiert, die Artikel in exakt der benötigten Größe anbieten. Dort gibt es zwei Kategorien: Die Restpostenanbieter und die Alleskönner. Die Restpostenanbieter haben häufig ein letztes Paar Schuhe auf Lager, das der Masse der Einkäufer, die aus dem Zentrum der Gaußkurve stammen, nicht auffällt. Hier kann man für kleines Geld dann und wann ein Paar Laufschuhe erwerben. Die Alleskönner suggerieren, dass sie den gewünschten Artikel auf Lager haben, bestellen dann aber wie der stationäre Einzelhandel beim Großhändler oder Hersteller. Das dauert oft sehr lange, aber man hat zumindest das Rückgaberecht, das einem als Verbraucher eingeräumt ist (vermutlich gilt das auch für den stationären Einzelhändler, aber niemand geht gerne in Vorlage für einen Artikel, den dann doch keiner will).

Der DLV hat 2012 eine Studie der Uni Mainz Laufen in Deutschland – Zahlen, Fakten, Daten veröffentlicht und festgestellt, dass ca. 19 Mio. Deutsche laufen. Nehmen wir die 6,3% der Männer in Deutschland die größer als 190 cm sind und ihre weibliche Entsprechung in der Gaußkurve, dann sind wir bei ca. 1,2 Mio „Großwüchsigen“, die garantiert auch große Füße haben. 1,2 Mio sind meines Erachtens eine nicht zu vernachlässigende Anzahl Sportler, um die man sich kümmern und die man auch ernst nehmen sollte. Und nicht zu vernachlässigen sind auch die Radsportler unter uns. Sie stellen immerhin 25 Mio Sportler, die auch gerne etwas passendes in ihrer Größe hätten, wobei es bei den genannten Sportarten in der Studie sicherlich auch Überschneidungen gibt.

Was bleibt, dass der männliche Ausdauersportler sich über 190 cm und jenseits Schuhgröße 47 – nur von dem kann ich leider sprechen – sich zusätzlich in Ausdauer üben muss, nämlich sein gewünschtes Equipment zu finden. Ich bin mir aber an der Stelle nur noch nicht sicher, ob die zusätzliche Ausdauer ein Vor- oder Nachteil ist.

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